Die Geldanlagen in den Schwellenländern waren in der letzten Zeit von einem Geheimtipp zu einer offiziellen Empfehlung geworden. Zwar nicht risikofrei, aber dennoch mit vernünftigen Konditionen verbunden.
Doch jetzt scheint sich hier vieles umzukehren. Die steigenden Zinsen in den USA führen dazu, dass einige Investoren den Schwellenländern den Rücken zukehren. Noch vor Kurzem hatten die gleichen Investoren von super guten und aussichtsreichen Geschäften geschwärmt, heute ziehen sie ihr Geld rasant nach Amerika ab. Ergebnis: die Währungen der Schwellenländer befinden sich weitestgehend im freien Fall.
Nun bemüht man sich verständlicherweise dort, die Investoren durch höhere Zinsversprechen am Markt zu halten. Ob Mumbai oder Ankara – überall das gleiche Bild. Der Erfolg dieser Bemühungen ist eher mager. Nun befürchtet man, dass die höheren Kosten für die Geldbeschaffung der Konjunktur massiven Schaden zufügen, die doch so dringen benötigt wird.
In letzter Zeit wurden die Schwellenländer als Motor der Weltwirtschaft bezeichnet. Auch das würde wahrscheinlich ausfallen. Experten bezeichnen das als nächste Runde der Finanzkrise. Doch in der Folge würde die Krise von den Schwellenländern höchstwahrscheinlich nach Europa zurückkehren, denn hier hat man auf Exporte gesetzt.
Die Notenbankpolitiker in Washington lehnen es jedoch ab, die Verantwortung für diese Misere zu übernehmen. Hier ist man der Meinung, dass die Schwellenländer selbst schuld sind an den Problemen, weil man in der jüngsten Vergangenheit keine Reformen auf den Weg gebracht habe.
Wie immer ist in allem ein Körnchen Wahrheit. Denn die Schwellenländer haben mehr Geld für Importe ausgegeben als mit Exporten eingenommen. Die Bilanz sind also rote Zahlen. Und schaut man genauer hin, gibt es tatsächlich überall hausgemachte Probleme. In Südafrika beispielsweise reist die Streikwelle nicht ab. In Indien nimmt die Bürokratie viel der Kraft aus dem Land weg. Auch die marode Infrastruktur macht den Ländern zu schaffen.
Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Die Andere ist das billige Geld, das in die Länder kam. Dadurch wurde häufig die Notwendigkeit von Reformen übersehen. Tatsächlich hatte die Schwellenländer ein nie gekannter Kapitalstrom überrollt. Kredite zu niedrigen Zinsen in Europa oder Amerika aufzunehmen und höher verzinst in den Schwellenländern anzulegen, ist regulär. Rund 400 Milliarden kamen auf diese Art in die Länder, allein seit 2009. Dadurch wurden die heimischen Währungen der Länder aufgewertet. Der in Folge dessen höhere Import wie Export der Länder wurde wiederum durch ausländische Kredite finanziert. Diese könnten nun aber ausbleiben. Denn die Rentabilität von Geldanlagen in den USA steigt wieder an. Und auf diesem Weg sind bereits seit Jahresbeginn rund 12 Milliarden aus den Schwellenländern abgezogen worden.
Ist die Geldpolitik der Fed also doch schuld an den Problemen in den Schwellenländern? Denn diese haben in der Folge nur zwei Möglichkeiten: sie halten das Geld der Investoren im Land, was sie aber teurer bezahlen müssen, und das geht zu Lasten ihrer Konjunktur. Oder aber sie lassen das Geld abwandern, und werten damit ihre Währung ab. Ein dynamischer Absatzmarkt für die Industrieländer sieht anders aus.
Wie das alles Auswirkungen auf die Euro-Länder hat, kann man sich lebhaft vorstellen. Allein die Commerzbank hängt mit einem Drittel ihres Geschäftes an den Schwellenländern. Auch andere Banken sind vor allem in Osteuropa unterwegs und haben jetzt die schlimmsten Befürchtungen, zumal die Auswirkungen der heimischen Währungskrise noch nicht überall ausgestanden sind.
Würde die EZB in der Folge das Geld noch billiger machen, würde die gesamte Krise wahrscheinlich von vorn beginnen.
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