Die Angelegenheit Griechenland bleibt ein Schuldenfall

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In Griechenland hängen noch immer zahlreiche Flüchtlinge fest. Erleichterung ist in Sicht. Die ersten Rückführungen von Griechenland in die Türkei sind vollzogen. Damit könnte sich, vorausgesetzt die Fortsetzung folgt, eine erhebliche Belastung für den griechischen Staat, aber auch dessen Bevölkerung, auflösen.

Es hat den Anschein, dass die Griechen als Entschädigung für die mit den Flüchtlingsströmen verbundenen Strapazen, eine wohlwollendere Haltung der EU-Staaten erwarten, denen gegenüber sie erhebliche Schulden haben.

Der Chef der Eurogruppe, der Niederländer Jeroen Dijsselbloem hat sich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt und sich kürzlich in Bezug auf die Schulden Griechenlands dahingehend geäußert, nunmehr rasche Verhandlungen über Schuldenerleichterungen für Athen führen zu wollen. Der Beginn, so Dijsselbloem, könne sich unmittelbar nach einem erfolgreichen Abschluss der ersten Reformüberprüfung anschließen. Die Gläubigerinstitution war zeitnah zum Treffen der Eurogruppe in Athen eingetroffen, um dort ihre Arbeit aufzunehmen. Einen Abschluss der Überprüfung bis Ende April hält man für durchaus realistisch.

Im Zusammenhang mit dem dritten Kreditprogramm hatte die Euro-Gruppe im Sommer vergangenen Jahres den Griechen Schuldenerleichterungen in Aussicht gestellt, sofern die erste Überprüfung des Programms positive Ergebnisse zeigt. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) hat sich erklärt: Er bleibt im Boot, wenn es denn wohl im Rahmen der Schuldenerleichterungen zu einer Laufzeitverlängerung sowie einer späteren Fälligstellung bestehender Kredite kommt.

Deutschland hatte im vorigen Jahr bei der Gewährung weiterer Kredite erklärt, dass Voraussetzung dafür, die weitere IWF-Beteiligung sei. Der deutsche Finanzminister hat im Zusammenhang mit dem Vorstoß Dijsselbloems verlauten lassen, dass es offenbar Leute gebe die bemüht seien, die den IWF und die deutsche Bundesregierung gegeneinander ausspielen möchten. Das würde er jedoch zu verhindern wissen.

Wasser wurde auf die Mühle gegossen, als von Wikileaks dieser Tage die angebliche Abschrift einer Telefonkonferenz veröffentlicht wurde, die demnach zwischen drei IWF-Mitarbeitern stattgefunden haben soll. Glaubt man der Veröffentlichung, so hat Poul Thomsen, der Europa-Chef des IWF, geäußert, er sei dafür, Druck auf Deutschland auszuüben und die deutsche Kanzlerin Merkel vor die Entscheidung zu stellen, was mehr koste würde: eine Beteiligung oder ein Rückzug des IWF am Hilfsprogramm für Griechenland. Oder sie wählt den Schuldenerlass als das, was Griechenland braucht und den IWF an Bord behält. Darin bestünde die Kernfrage.

Am vergangenen Sonntag (3. April) ließ die IWF-Chefin, Christine Lagarde, verlauten, dass der IWF den klammen Staat nicht aus taktischen Gründen in die Pleite treiben werde. Sie bezeichnete es als Unsinn anzunehmen, dass der Fonds eine anstehende Rückzahlung von Geldern als Druckmittel einsetzen wolle. So zu lesen in einem Brief an den griechischen Ministerpräsidenten Tsipras.

Die deutsche Bundesregierung gab dazu keine Stellungnahme ab. Ihr Streben war und ist, den IWF an Bord zu behalten, nicht jedoch einen Schuldenschnitt zu vollziehen.

Der IWF sieht bislang keine Einigung dafür als erreicht, dass etwa ein schlüssiges Rettungsprogramm für Griechenland vorliegen würde. In dem besagten Brief an Tsipras bringt die IWF-Chefin zum Ausdruck, dass man nur ein Programm unterstützen könne, welches auf Glaubwürdigkeit und realistische Voraussetzungen basiert. Weitere Griechenlandhilfen, so Frau Lagarde, stünden noch nicht vor dem Abschluss. Eine Einigung sei noch ein gutes Stück entfernt. Griechenland müsse auf einen robusten Wachstumspfad gebracht werden. Die Schuldentragfähigkeit gelte es wiederherzustellen. Ansonsten könne kein Vertrauen wieder aufgebaut werden und man sei gezwungen, weitere faktische Maßnahmen zu treffen. Es sei, so die IWF-Chefin, ganz im Interesse des griechischen Volkes, die Verhandlungen zu einem schnellen Abschluss zu bringen.

Die internationalen Geldgeber überprüfen derzeit den Fortschritt der Reformen in Griechenland und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Ein durchaus interessantes Urteil für Anleger hat der Bundesgerichtshof am 8. März 2016 gefällt (AZ: VI ZR 516/14). Geklagt hatten Investoren, die in den zurückliegenden Jahren über eine deutsche Bank griechische Staatspapiere erworben hatten. Klauseln, wonach etwa ein Schuldenschnitt erlaubt sei, enthielten diese Papiere nicht. Der griechische Staat hatte jedoch deren nachträgliche Einführung gestattet. Die „alten“ Anleihen wurden eingezogen. Sie wurden durch Wertpapiere ersetzt. Diese jedoch waren allerdings 53,5 Prozent weniger wert. Den damit verbundenen Schaden wollten die Kläger ersetzt haben. Ihre Klagen vor dem Landgericht Köln sowie dem Oberlandesgericht Frankfurt waren zuvor ohne Erfolg geblieben.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass Anleger nicht vor deutschen Gerichten dagegen klagen können, dass Griechenland bei seinen Staatsanleihen im Jahr 2012 einen Schuldenschnitt vorgenommen hat. In dem Urteil kommt der Bundesgerichtshof zu dem Schluss, dass die völkerrechtliche Immunität der griechischen Regierung dem entgegenstehe. Zwar sei die Kapitalaufnahme in Form von Staatsanleihen selbst kein hoheitliches Handeln, doch hätten sowohl das Parlament als auch der Ministerrat Griechenlands damals die Zustimmung zur Umschuldung durch eine Mehrheit von Gläubigern für allgemeinverbindlich erklärt.

Der griechische Aktienmarkt ist tagesaktuell (Dienstag, 5. April), bezogen auf den Leitindex ASE, um 1,19 Prozent gesunken. Dazu beigetragen hat auch die oben ausgeführte Erklärung Der IWF-Chefin, Frau Christine Lagarde, wonach man bezüglich einer Einigung auf ein schlüssiges Rettungsprogramm weit entfernt sei.

Am Dienstag (5. April) sind die deutsche Bundeskanzlerin und die IWF-Chefin in Berlin zusammengetroffen. Natürlich war das Thema Griechenland und die Frage nach einem Schuldenschnitt ein Gegenstand der Besprechungen. Frau Merkel erklärte, dass ein Schuldenschnitt durch die Euro-Länder schlicht und ergreifend nach deutscher Auffassung rechtlich nicht möglich sei. Die Kanzlerin betonte, seitens Deutschlands bestehe ein großes Interesse daran. dass der Internationale Währungsfonds sich an einem Hilfsprogramm für Griechenland beteiligen solle. Merkel brachte zum Ausdruck, dass man an einem schnellen Abschluss der aktuell laufenden Prüfungen und einer sich daran anschließenden Bewertung durch den IWF, die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und den Rettungsfonds ESM interessiert sei. Von einer positiven Einschätzung hängt es ab, ob Athen weitere Milliardenhilfen aus dem dritten Rettungspaket erhält. Auf die Schuldentragfähigkeit wurde ausdrücklich noch einmal verwiesen. Dies sei für den IWF entscheidend, ob er mit im Boot bleiben würde. Im Moment sei man noch nicht da angekommen, wo man hinwolle, so Lagarde.

Bildquellenangabe: © Reinhard Grieger / pixelio.de

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